Die Entscheidung ob der neue Jagdhund ein Rüde oder eine Hündin wird, ist von den unterschiedlichsten Faktoren abhängig. Neben persönlichen Neigungen des Hundeführers spielen auch die Möglichkeiten zum jagdlichen Einsatz, oder der Wunsch selbst zu züchten eine erhebliche Rolle bei der Entscheidungsfindung.
Dass die Jagdmöglichkeiten und der Niederwildbesatz eine große Bedeutung für die Entscheidung haben können, zeigen die Erfahrungen der Züchter und Welpenvermittlungsstellen. So wurde bis zu dem starken Niederwildrückgang nach dem strengen Winter 1978/1979 festgestellt, dass die Nachfrage nach Hündinnen eher gering war. Heute stellt sich das Bild umgekehrt dar, Rüden sind weniger gefragt. Dieses hängt wohl auch viel damit zusammen, wieweit der Hund im jagdlichen Einsatz gebraucht wird.
Geht man davon aus, daß der zu erwerbende Welpe in erster Linie seine Aufgaben als Jagdhund mit gleichbleibenden Leistungen erfüllen soll, müsste die Entscheidung wesentlich häufiger zu Gunsten eines Rüden ausfallen. Tatsächlich sind Rüden meistens wesensfester und wohl auch leichter auszubilden, da ein Rüde gegenüber seinem Führer verträglicher ist und Druck in der Ausbildung im allgemeinen besser verkraftet. Auch werden Ausbildungsfehler, welche sich besonders bei Erstlingsführern kaum vermeiden lassen, bei einem Rüden einfacher zu korrigieren sein. Der Einwand, ein Rüde sei eigensinniger oder schwieriger in seinem Wesen, erscheint stark übertrieben, da echte Kopfhunde selten sind. Richtig ist, dass Rüden meistens selbstbewusster sind.
Sozialverhalten und Verträglichkeit mit anderen Hunden können und müssen bereits im Welpenalter durch intensiven Kontakt zu anderen Hunden z. B. in Welpenerziehungs- und Ausbildungslehrgängen anerzogen werden.
Ein Rüde wird bei entsprechender Ausbildung nicht nur auf den Prüfungen gute bis sehr gute Leistungen zeigen sondern auch gleichbleibend zuverlässig bei der Jagd sein. Natürlich kann es zugegebenermaßen auch sehr lästig sein, wenn ein Rüde überall beim Spazieren gehen oder im Garten seine Duftmarken setzt. Besonders im Garten kann da schon mal die eine oder andere Blume eingehen, wenn sie von dem Rüden besonders häufig angenommen wird. Aber im Ernst, auch Hündinnen hinterlassen, speziell auf Rasenflächen an den Stellen an denen sie nässen, auch braune Flecken, welche mit Sicherheit nicht weniger unerfreulich sind.
Die Ansicht das Hündinnen leichtführiger sind stimmt nur bedingt. Hündinnen sind im allgemeinen sensibler, so dass sie auf Einwirkungen des Führers folgerichtig anders bzw. schneller reagieren. Führer- und Ausbildungsfehler lassen sich bei Hündinnen schwerer korrigieren. Es gibt aber auch ausgesprochen schwerführige Hündinnen. An ihnen können ungeübte Führer verzweifeln, da sie außerordentlich passioniert, aber dabei auch noch hoch intelligent und eigenwillig sind. Sie ordnen sich nur sehr schwer unter und können bei der Jagd nur bedingt eingesetzt werden.
Im Jagdalltag haben Hündinnen einen weiteren Nachteil gegenüber Rüden, sie fallen während der Hitze für 3 Wochen bei Gesellschaftsjagden aus. Bedingt durch die im Zusammenhang mit der Hitze stehenden hormonellen Veränderungen zeigen Hündinnen in dieser Zeit häufig ein unerklärliches Verhalten, welches auch den Einsatz im Rahmen der Jagdausübung in Frage stellen können. Fehlverhalten auf Prüfungen ist oft durch die bevorstehende Hitze zu erklären. Neben der eingeschränkten Einsetzbarkeit kommt auch die Verunreinigung von Wohnung und Auto im Zusammenhang mit der Hitze, meist 2 mal im Jahr, als ein Nachteil bei Hündinnen erschwerend hinzu.
Generell sollte sich der Jäger immer im klaren sein, dass sein Jagdbegleiter viel Kontakt zu seinem Führer haben muss, um ein enges Vertrauensverhältnis aufbauen zu können. Ist ein solches zustande gekommen, wird der Hund noch bessere Leistungen im Jagdeinsatz erbringen können.
Für die spätere jagdliche Verwendung eines Welpen ist das Wurfdatum nicht von besonderer Bedeutung, da tatsächlich seit vielen Generationen auf die guten jagdlichen Anlagen bei der Zucht geachtet wurde, so dass jeder Welpe, egal ob Rüde oder Hündin, die entsprechenden Anlagen für einen späteren erfolgreichen jagdlichen Einsatz mitbringt.
Wer sich entscheidet mehrere Hunde zu halten sollte wissen, dass es besser ist nur Rüden oder nur Hündinnen zu halten um Komplikationen (ungewollte Trächtigkeit) zu vermeiden. Wenn die Hündin heiß ist, ist der Rüde auch kaum zu gebrauchen.
Dem Anfänger sei an dieser Stelle empfohlen, sich für einen Rüden zu entscheiden, da diese in der Ausbildung in den meisten Fällen unproblematischer sind.
Eike Behrens