Gründung des Weltverband Deutsch-Langhaar
Der 29. September 2010 wird wohl als historisches Datum in die Geschichte rund um den Deutsch-Langhaar eingehen. An diesem Tag wurden im Vorfeld der Schorlemer-HZP von sechs Ländern, die am 27. Februar 2010 erstellten Satzungen unterzeichnet und dadurch die Gründung eines Weltverbandes beschlossen.
Die Initiative für einen internationalen Zusammenschluss von Vereinen, die in ihren Ländern für die Zuchtbelange um den alten „deutschen Försterhund“, wie der Deutsch-Langhaar auch bezeichnet wird, ging dankenswerter Weise vom Deutsch-Langhaar Verband aus, welcher im Mutterland die Geschicke dieser Rasse hinsichtlich Zucht, Führung und Verbreitung, steuert.
Zwar wird schon seit 1969 jährlich eine Internationale VGP abgehalten, an der bis jetzt mit wenigen Ausnahmen nur Mannschaften aus Deutschland, Österreich und Tschechien mit jeweils vier Gespannen teilnahmen. Die Initiative zu diesem Ländervergleichskampf ging von den Herren Wilhelm Houzer – Deutschland, Josef Dettelbacher – Österreich und Bohumil Koubelka –Tschechien aus. Etliche Langhaarfreunde erinnern sich noch an die erste Prüfung in Pöchlarn in Niederösterreich, die einem Krimi glich, an deren Ende „Illa von Feuersang“ mit nur einem Punkt Vorsprung vor ihrem Wurfbruder „Infant“ siegte und auch die Hälfte der restlichen Teilnehmer bis zu den letzten Prüfungsfächern auf der „Siegermeile“ unterwegs waren. Somit besteht zwischen diesen drei Ländern schon Jahrzehnten –teilweise bis in die Zwischenkriegszeit – reger gedanklicher und züchterischer Austausch. Steigende Nachfrage nach unserer Rasse vor allem aus dem nordeuropäischen und nordamerikanischen Raum bewegten einige Entscheidungsträger, eine internationale Vereinigung der Zuchtverbände anzustreben.
Der 1. Vorsitzende, Herr Gerwin Günter, welcher dem Verband nun schon seit 1994 vorsteht, sowie seine Mitstreiter, Herr Dr. Lutz Frank, allen jagdkynologisch Interessierten als langjähriger Geschäftsführer des JGHV bekannt, sowie der Sprecher der Stammbuchkommission, Herr Eike Behrens, luden im Juli vergangenen Jahres die Vorsitzenden der Deutsch-Langhaar-Vereine jener Ländern, von denen bekannt ist, dass dort der Deutsch-Langhaar nach FCI-Regeln gezüchtet wird, zu einem unverbindlichen Treffen ein.
Alle drei Herren sind aktive Führer und Züchter von Deutsch-Langhaar. Hunde aus den Zwingern „vom Buchwald“ (Günter), „Frankundfrei“ (Dr. Frank – existiert seit den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts!!) und „vom Stellfelde“ (Behrens) haben die Rasse mit geprägt und sind durch ihre Prüfungserfolge und Leistungen in der jagdlichen Praxis sicher auch Rüdemännern, welche andere Rassen führen, ein Begriff.
Dieses Treffen fand schließlich am 29. August 2009 statt und es hätte wohl kein besserer Ort als Hannover gewählt werden können, wurden doch hier vor genau 130 Jahren anlässlich der Hundeausstellung die Rassekennzeichen für Deutsch-Langhaar aufgestellt.
Unser Hund wird in Jägerkreisen neben seiner jagdlichen Vorzüge auch wegen seines verlässlichen, angenehmen Wesens und seines aggressionsfreien Verhaltens gegenüber Artgenossen geschätzt. Und genau diese Eigenschaften zeichneten auch die Teilnehmer an diesen – eigentlich – unverbindlichen Treffens aus! Es wurde bereits ein erster Satzungsentwurf erstellt.
Es herrschte sofort Übereinstimmung, dass dem Erhalt der vielseitigen jagdlichen Eigenschaften der Rasse oberste Priorität zu widmen ist und eine Zweiteilung in eine Jagd- und eine Schönheitslinie, wohin die Zucht in manchen Ländern tendiert, unter allen Umständen zu unterbinden ist.
„Nimm ihm die Jagd, und du nimmst ihm die Wurzeln seiner Kraft!“ Was vor mehr als 100 Jahren Dr. Engelmann über den Dackel sagte, hat nichts an Aktualität verloren, wie die Schicksale einiger Rassen, welche einst ihr Brot durch die Jagd verdienten und nunmehr ihr Dasein mehr oder weniger zufrieden als Begleithund fristen und ihre – verkümmerten – Instinkte kaum mehr ausleben dürfen.
Aus diesem Grund wird auch der Deutsch-Langhaar Verband, welcher als rassebetreuender Verein im Mutterland für den bei der FCI hinterlegten Rassestandard zuständig ist, die jagdliche Verwendung im Standard verankern und den Namen „Deutsch-Langhaar“ schützen. Damit wird wirksam unterbunden, dass sogenannte „Schönheitszüchter“ die Ahnentafeln ihrer Welpen mit dem FCI-Logo und der Bezeichnung „Deutsch-Langhaar“ ausstatten dürfen – gemäß dem Motto „Nur wo „Deutsch-Langhaar“ draufsteht, ist auch „Deutsch-Langhaar“ drin!“
Diese Maßnahme war notwendig, da in manchen Ländern Züchter, welche Deutsch-Langhaar züchten, ohne dass die von ihnen verwendeten Elterntiere jagdliche Nachweise und Prüfungen nachweisen und ohne dass sie Mitglied im zuständigen Zuchtverein sind, trotzdem FCI-Papiere erhielten.
Am 27.02.2010 fand wiederum ein Treffen der zukünftigen Gründungsländer statt, wo diese Gelegenheit hatten, Änderungen beziehungsweise Ergänzungen einzumelden, damit jedes Mitgliedsland im Einklang mit ihren nationalen Gesetzen und Vorhaben diese Satzung unterfertigen konnte. Nachdem man sich hier – wiederum rasch und sachlich – auf eine finale Version geeinigt hatte, wurde im Zuge dieser Sitzung gleich beschlossen, den Weltverband im Rahmen der diesjährigen 41. Schorlemer – HZP aus der Taufe zu heben.
An dieser Stelle sei einem Mann von allen Mitgliedsländern ein besonderer Dank ausgesprochen – Herrn Wolf Schmidt-Körby, welcher seine Erfahrung und sein Wissen aus der Gründung des Weltverbandes Deutsch-Drahthaar in selbstloser Weise eingebracht hat und ohne dessen Unterstützung die Gründung wohl nicht so schnell und reibungslos vollzogen worden wäre. Sein strategisches Denken und Handeln sowie sein Instinkt im Umgang mit Menschen verdienen unser aller Bewunderung.
An der am 29.09.2010 im Hotel Angel´s in St. Wendel im Saarland abgehaltenen Gründungsversammlung, welcher neben vielen Langhaar-Funktionären aus den regionalen deutschen Zuchtvereinen der amtierende Oberbürgermeister sowie der Präsident des JGHV, Herr Werner Horstkötter, als Ehrengäste beiwohnten, unterzeichneten die Nationen Deutschland, Österreich, Schweiz, Finnland, Niederlande und Dänemark die einstimmig beschlossene Satzung.
In einer offenen Wahl wurden folgende Personen in den Vorstand gewählt.
Zum 1. Vorsitzenden wurde der Präsident des Deutsch-Langhaarverbandes, Herr Gerwin Günter, gewählt, welcher die Wahl sichtlich gerührt annahm. Über seine Person und seine Verdienste um das Jagdhundewesen im Allgemeinen und um Deutsch-Langhaar im Besonderen wurde bereits berichtet. Als Vizepräsidenten wurden –ebenfalls einstimmig – die Vertreter aus Finnland, Frau Saija Suomaa, und den Niederlanden, Herr Ewart Nijburg, gewählt. Beide sind in den Vorständen ihres Landes als Zuchtwart aktiv.
Zum Geschäftsführer wurde Herr Johannes Schmidt aus Österreich gewählt. Herr Schmidt ist in seinem Heimatverein als Zuchtwart und Ausstellungsreferent tätig und im internationalen Langhaar-Geschehen als Führer, zwei Mal (1997 und 2003) Sieger der Internationalen Vollgebrauchsprüfung, und als Züchter ein Begriff. In seinem Zwinger „vom Wasserplatz“ sind seit 1994 bis jetzt 23 Würfe mit 186 aufgezogenen Welpen gefallen. Seine Stammhündin „Laura von Poppenforst“ war neben ihrer jagdlichen Klasse sowohl prüfungsmäßig (Sieger IVGP) als auch züchterisch ein Stern am Langhaar-Himmel und drückte der Zucht – auch international – ihren Stempel auf.
Herr Werner Horstkötter beglückwünschte in seiner Laudatio die anwesenden Langhaar-Leute zum Entschluss, sich international „aufzustellen“ und rief zur Solidarität aller Rüdemänner auf. Dies vor allem unter den Aspekten, dass Europa auch jagdlich immer mehr zusammenwächst und dass der nichtjagende Teil der Menschheit unserem Tun und Handeln immer kritischer gegenübersteht und meint, darauf Einfluss nehmen zu müssen beziehungsweise zu dürfen. Zur Wahrung unser Interessen und zum Fortbestand des Waidwerks, so wie es schon unsere Väter ausgeübt haben und wie wir es unseren Nachkommen erhalten wollen, ist eine überregionale Vertretung von elementarer Bedeutung! Dass gewissenhafte Zucht und konsequente Ausbildung von Jagdgebrauchshunden Fundamente einer waidgerechten Jagdausübung sind, daran wird wohl kaum ein praktizierender Jäger zweifeln.
Dass diese Gründung ausgiebig und in Harmonie gefeiert wurde, versteht sich von selbst.
Die Vertreter des JGHV wohnten auch dem Prüfungsgeschehen an den folgenden Tagen bei und mussten sich so manchen Fragen der anwesenden Hundeleute zu verschiedenen Themen stellen. Aber wie Herr Horstkötter mir gegenüber erwähnte, sieht er diese Arbeit an der Basis als Voraussetzung für die Ausübung seines Amtes an. Ohne Kenntnis der Sorgen und Nöte der hundeführenden Jägerschaft sei kein Maßnahmenplan für die Geschäftsführung möglich. Wie gewissenhaft er dieses Amt nimmt, beweist schon die Tatsache, dass er nach Möglichkeit bei sämtlichen Zuchtausleseprüfungen der großen Gruppe der deutschen Vorstehhunderassen präsent ist. So nahm er auch am vorherigen Wochenende an der Kleemann-Ausleseprüfung im niederösterreichischen Weinviertel teil und erfuhr in diesem Rahmen auch, wo die dortigen Rüdemänner „der Schuh drückt“.
Herr Schmidt-Körby wiederum besuchte mit den ausländischen Delegationen das Prüfungsgeschehen in den Feldrevieren und am Wasser und konnte – nicht zuletzt auf Grund seiner ausgezeichneten Fremdsprachenkenntnisse – den internationalen Teilnehmern einen Teil der deutschen PO an praktischen Beispielen erläutern.
Nur zwei Wochen später traten die tschechischen Deutsch-Langhaarfreunde im Rahmen der 42. Internationalen VGP in Nürnberg dem Weltverband Deutsch-Langhaar bei, womit die Kriterien für die Registrierung als eingetragener Verein nach deutschem Vereinsrecht erfüllt waren. Dies war unter dem Aspekt von Bedeutung, da in der Satzung festgelegt wurde, dass der Vereinssitz unabhängig von der Nationalität des jeweiligen amtierenden Präsidenten seinen Sitz in Deutschland hat.
Alle Mitgliedsländer sind der Überzeugung, dass sie nun, auf Grund der sehr zielorientierten und trotzdem harmonischen, von gegenseitigem Respekt getragenen Besprechungen zur Gründung des Weltverbandes, Mitglied einer Organisation sind, welche ihnen bei Problemen, sei es züchterisch oder administrativ in ihrem Land, mit rasch Rat und Tat zur Seite steht.
Somit ist Vorsorge getätigt, dass der Deutsch-Langhaar so wie er sich heute präsentiert – als nervenstarker und verlässlicher „Vollgebrauchshund“ im wahrsten Sinne des Wortes erhalten bleibt, damit auch unsere Nachkommen das Waidwerk mit dem alten „deutschen Försterhund“ ausüben können!